Mauscheln
War das Kartenspiel “Boston” im amerikanischen Freiheitskriege im Schwange, so war es das Spiel “Mauscheln” im Weltkriege 1914/18, wenigstens soweit deutsche Truppen in Frage kamen.
Irgendeinen Bezug auf den Krieg hat es aber nicht, es ist vielmehr am Ende des vorigen Jahrhunderts entstanden und zuerst in jüdischen Börsenkreisen sehr beliebt gewesen, weshalb ihm der Volksmund seinen Namen gab, unter dem es heute allgemein bekannt ist.
Von “Erfindung” des Mauschelspiels zu sprechen, täte ihm wohl der Ehre zu viel an, es ist nichts weiter als ein kleiner Auszug aus dem Lomber und Boston, so primitiv und geistlos, daß ein jeder es in 5 Minuten erlernen kann. Gerade dieser Umstand verschaffte ihm die große Verbreitung.
Es ist ein ausgesprochenes Geldspiel; nur der Geldumschlag reizt, so daß man es, freilich vergeblich, unter die verbotenen Hasardspiele zu stellen versucht hat. Ein Hasardspiel im gesetzlichen Sinne ist es aber nicht, obgleich es ebenso verheerend auf schwache haltlose Menschen einwirkt.
Es läßt sich zu vier Teilnehmern am angenehmsten spielen, aber auch zu drei, fünf und gar sechs Mitspielern wird es gespielt, so daß manchmal ganze Tafelrunden bereits beim Frühschoppen “mauscheln”; denn es kann jederzeit einer der Mitspieler ausscheiden oder ein neuer eintreten.
Man spielt es mit Skatkarten, aus denen man bei drei und vier Teilnehmern die Blätter “Sieben und Acht” entfernt.
Der “Nervus rerum” ist die “Pinke” (Kasse), um die sich alles dreht. Der Geber setzt einen durch vier teilbaren Betrag hinein und gibt jedem Mitspieler zunächst zwei Karten, sich selbst die letzten. Dann dreht er die nächste Karte um und legt sie offen auf den Tisch, ihre Farbe ist Trumpf. Nun gibt er wiederum jedem Mitspieler zwei Karten und legt die überbleibenden als Stock vor sich hin.
Zunächst wird nun die Frage aufgeworfen: Wer mauschelt? Es geht rechtsherum, der linke Nebenmann des Gebers hat sich zuerst zu erklären; er sagt entweder “ich mauschle” oder “ich passe”. Sagen alle “ich passe”, so geht das Spiel weiter; der folgende Mitspieler setzt den gleichen Einsatz ein, mischt die Karten und gibt sie in gleicher Weise aus.
Erklärt jemand “ich mauschle”, so erfolgt die Frage: “wer geht mit?” Wieder erklären alle Mitspieler der Reihe nach “ich passe” oder “ich gehe mit”. Geht niemand mit, also passen alle, so zieht der, der erklärt hat “ich mauschle”, kurz der Mauschler genannt, den Betrag der Pinke ein, und das Spiel beginnt aufs Neue, indem der folgende einsetzt und die Karte neu verteilt. Gespielt wird in diesem Fall also überhanpt nicht. Erklärt ein Mitspieler “ich gehe mit” oder erklären es mehrere (alle können mitgehen), so beginnt zuerst der Umtausch der nicht günstigen Karten. Der Mauschler bekommt die ersten. Er legt z. B. zwei Karten verdeckt auf den Tisch (Scheiterhaufen) und sagt:”Bitte zwei neue.” Der Geber hat ihm die beiden oberen vom Stock zu verabfolgen, muß aber darauf achten, daß kein anderer Einsicht darein erhält. Dann legt der erste “Mitgeher” ab und erhält in gleicher Weise Ersatz usw., bis alle die ihnen nicht zusagenden Karten umgetauscht haben. Genügt der “Stock” dazu nicht, so nimmt Geber den Scheiterhaufen (die abgeworfenen Karten) auf, mischt und gibt davon die Ersatzkarten. Jeder Spieler, der einmal erklärt hat, “ich gehe mit”, muß mitgehen, selbst wenn er “Scheiterhaufenersatz” erhält; er kann nicht deshalb hinterher passen oder redressieren, wohl aber auf Ersatz verzichten und mit seinen ursprünglichen vier Karten sich begnügen.
Wird der Scheiterhaufen zum Ersatz herangezogen, so ist auch die offen gedeckte Trumpfkarte vorher hineinzumischen. Bei korrektem Spiel darf niemals ein Spieler mehr als vier Karten in der Hand haben, hat also vor Empfang der Ersatzkarten die Umtauschkarten abzuwerfen; ferner darf nie ein Blatt offen abgeworfen oder die Erklärungen “passe – mauschle – gehe mit” außer der Reihenfolge abgegeben werden.
Nun beginnt der Mauschler mit dem Ausspielen, es muß bedient (Farbe bekannt) oder, wenn das nicht möglich, getrumpft werden, und zwar auch dann, wenn andere Mitspieler bereits höher getrumpft haben. Auch besteht die Pflicht “überzunehmen”; man kann also niemals einen Stich laufen lassen, indem man eine kleinere Karte bedient, wenn man eine höhere in Händen hat!
Der Mauschler muß zwei, der Mitgeher einen Stich einheimsen; gelingt ihm dieses nicht, so muß er für jeden nicht erhaltenen Stich die Bete zahlen, d. h. den in der Pinke stehenden Betrag. Die stehende Pinke wird je zu 1/4 auf die vier Stichhalter verteilt. Erhält z. B. der Mauschler nur einen Stich, so erhält er 1/4 der Pinke, muß den Betrag aber gleich wieder einsetzen, der in der Pinke stand, also viermal soviel als er bekommt, weil er zwei Stiche einzuheimsen hatte. Erhält er keinen Stich, so hat er den Einsatz doppelt – einmal für jeden nicht erhaltenen Stich – einzusetzen, er war dann “mauschelbet”! Die Bete werden mit dem Einsatz des neuen Gebers im folgenden Spiel ausgespielt; sie können auf diese Weise zu beträchtlichen Beträgen anwachsen. In manchen Mauschelkreisen ist man daher dazu übergegangen eine Höchstgrenze für die Pinke zn bestimmen. In solchen Fällen werden die Beten nur bis zur Höchstgrenze in die Pinke abgeführt und der Mehrbetrag als Reservefonds zurückgelegt, aus dem die folgenden Pinken dann bis zur Höchstgrenze aufgefüllt werden.
Wer als Geber eine hohe Karte zum Trumpf aufdeckt, hat das Recht zu “klopfen” d. h. er klopft auf die Trumpfkarte, wodurch sie ihm gehört. Er übernimmt dann die Verpflichtung zu mauscheln, bevor er seine vier Karten eingesehen hat. In diesem Fall wird nur die Frage aufgeworfen: “Wer geht mit?” Der Geber zieht die Pinke ein, wenn sich niemand dazu bereit erklärt; geht jemand mit, so besieht er seine Karten, wirft die ungünstigen ab und legt vom Stock die gleiche Zahl zu den behaltenen Karten, dann bedient er den Mitgeher mit dem gewünschten Ersatz. Darauf nimmt er seine vier Karten auf, wirft nochmals eine ungünstige ab, und nun erst darf er sich die aufgedeckte Trumpfkarte dafür nehmen, worauf er ausspielt.
Es ist nicht statthaft, daß ein Spieler, der erklärt hat: ich passe, wenn er sieht, daß alle anderen auch passen, sich noch nachträglich zum Mitgehen meldet; der Mauschler kann es zwar gestatten, tut aber nicht gut daran.
Mauschel- und Mitgehezwang. In manchen Mauschlerkreisen spielt man schärfer, wodurch das Spiel direkt zum Glücksspiel wird und Hasardcharakter annimmt. Es gilt da das Spielgesetz, daß derjenige, der Trumpf-As besitzt, unbedingt mauscheln muß; und derjenige, der sich zuletzt zu erklären hat, mitgehen muß, wenn alle anderen gepaßt haben, selbst wenn er keine Trumpfkarte in Händen hat und vier neue Karten kaufen muß.
Auch besteht in gewissen Kreisen der Gebrauch, daß bei “neuer” Pinke (einfacher Einsatz des Gebers) der Geber “klopfen”, also mauscheln muß, wobei jeder Mitspieler gezwungen ist mitzugehen. Es ist dann keinem gestattet, Ersatzkarten zu kaufen, einzig der Geber darf die “geklopfte” Karte aufnehmen, nachdem er eine Handkarte ablegte. Dieser Zwang hat natürlich nur den Zweck, bald wieder eine “anständige” Pinke im Pott zu haben durch Bete.
Spielregeln
Wer das besetzte Trumpfas hat, mauschelt stets. Auch mit König und Dame oder dreifach besetztem König darf man es riskieren. Man spielt dann die Fehlfarbe auf. Wer zwei Trümpfe hat oder den blanken Trumpfkönig, geht in der Regel mit. Kauft man günstig (kleinen Trumpf), so gelingt es meistens, einen Stich hereinzuholen.
Fremde Asse behält man besser, als sie gegen ungewisse Ersatzkarten umzutauschen, nur wenn man Trumpfkönig blank hat, wirft man sie ab, um möglichst einen Trumpf zum König zu erhalten, damit man ihn nicht gleich auf das meistens angespielte Trumpfas beiwerfen muß. Die “Zehn” rangiert beim Mauschelspiel hinter dem Buben, hat also keinen höheren Wert.
Wer als Mitgeher seinen Stich hat, tut gut, Trumpf nachzuziehen, wenn mehrere Spieler mitgehen, auf diese Weise wird am leichtesten einer “bet”, worauf stets hinzustreben ist.
Hier ein Beispiel, wie meistens ein Spiel verläuft:
A. gibt und deckt Herz-Dame als Trumpf auf. In der Pinke steht 1,20 Euro, er klopft. B. und C. gehen mit.
A. hat in seinen Karten keinen Trumpf, er wirft sie auf den Scheiterhaufen und kauft vier neue, B. verzichtet auf Kaufkarten (schon faul), C. verlangt drei neue.
A. kaufte Treff-As und -Bube, Pik-Dame, Herz-Neun. Er wirft nun Pik-Dame ab und nimmt die geklopfte Karte auf. Er hat nun Trumpf-Dame und -Neun, Treff-As und -Bube. Er spielt Treff-As auf, B. sticht mit Trumpf-König, C. legt, weil er kein Treff hat, Trumpf-Zehn zu.
B. spielt Trumpf-As nach, C. bedient Trumpf-Bube, A. gibt Trumpf-Neun zu.
Nun zieht B. Pik-As an, C. bedient den König, A. sticht mit Trumpf-Dame und erhält den Stich, um nun Treff-Buben auszuspielen. B. hat noch Trumpf-Sieben, C. Karo-As, mithin erhielt B. 3 Stiche und A. 1 Stich. Sie erhalten aus der Kasse 90 bzw. 30 Cent. C. und A. sind bet, ersterer, weil er keinen, letzterer, weil er als Mauschler (oder Macher) nur einen Stich erhielt. Jeder hat somit 1,2 Euro in die Pinke zu setzen, der nächste Geber setzt seinen Einsatz (20 Cent) hinzu, so daß das folgende Spiel um 2,60 Euro geht. Wird in diesem Spiel der Mauschler “bet”, so hat er wieder 2,60 Euro einzusetzen, wird er gar “mauschelbet”, so hat er 5,20 Euro einzusetzen, so daß das folgende Spiel um 2,80 bzw. 5,40 Euro geht.
Will ein neuer Spieler eintreten, so muß er entweder warten, bis die “Pinke” leer ist, oder seinen entsprechenden Anteil hineinsetzen, niemals aber bewilligt man einem austretenden einen Anteil an der Pinke.
Wer nicht geben will, braucht es nicht zu tun, er kann “schieben”, muß aber seinen Einsatz trotzdem in die Pinke zahlen, ebenso der Geber, dem er die Karten zuschiebt. Wird ganz rund geschoben, so muß der ursprüngliche Geber geben, unter nochmaliger Leistung seines Einsatzes.
Bei nicht absoluter Sicherheit über die einwandfreie Eigenschaft seiner Mitspieler ist es ratsam, ab und zu die Karten nachzuzählen. Es kommt vor, daß jemand unbemerkt einen König fallen läßt, dessen Fehlen im Spiel oft gar nicht bemerkt wird, während der “unfaire” Spieler, der von dem Fehlen weiß, großen Vorteil davon hat. Überhaupt Mauscheln und Pferde stehlen wird vielfach als auf einem Niveau stehend bezeichnet, man sehe sich also seine Mitspieler genau an, ehe man mit ihnen eine “Taille” schlägt.